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Posts Tagged ‘w+hbuch’

Die Änderungen hier im Antiquariat sind nur formal technische. Denn eigentlich sind sie mehr als das. Die Änderungen sind gravierender, denn sie markieren zum einen einen Übergang und zum andern ermöglichen sie mir wieder Lesen und Schreiben.

Um was es geht: seit heute läuft hier die Antiquariatssoftware w+hBuch. Bislang hatte ich alles über Excel und Word gemacht: Katalogisiert auf Amazon, die Neueingänge dann aus dem Amazonbestandskatalog händisch auf Booklookerformat in Excel getrimmt, den Booklookerkatalog schliesslich ins ZVAB-Format gebracht und auf den Plattformen hochgeladen. Die Rechnungen schrieb ich mit Vorlagen und Textbausteinen auf Word, ebenso die Bestellbestätigungen usw. Mahnwesen und Buchführung händisch. Die Mehrwertsteuer schlug ich in der Mwst.-Tabelle nach (die häufigsten Mwst-Werte und den dazugehörigen Nettowert kenne ich nach soviel Vorgängen sowieso auswendig).

Das war so in Ordnung. Denn irgendwie ist der Beruf des Antiquars doch tendenziell kein durchautomatisierter Beruf. Antiquar ist ein Beruf des Einzelfalls. Und sei das noch so banal, wenn es etwa um Massenware geht.  Deswegen war es für mich in Ordnung, wenn ich das alles jeweils von Hand machte.

Was jetzt anders ist? Mwst.-Ausrechnen, die verkauften Bücher ausbuchen, das Hochladen der neu katalogisierten Titel usw. das geht jetzt über die Software. Ebenso das Mahnwesen und allerhand mehr. Was das bedeutet, über das Rechnungenschreiben hinaus, kurz umrissen: Mahnwesen alle 10 Tage = 3 Stunden, Komplettupdate alle 2-3 Tage = jeweils 3 Stunden, und und und. Ich vergesse jetzt gewiss sehr viel, das mir jetzt noch gar nicht klar ist.

Warum die Umstellung? (1) Weil es nicht mehr ging, kräftemässig, nervenhalber. Wenn an einem Spitzentag über 50 Bestellungen zusammenkommen, dann will ich nicht über 50mal die Mehrwertsteuer nachschlagen und Bestellnummer für Bestellnummer ins Worddokument kopieren. Sondern will : klick klick fertig. Und wenns an einem normalen Tag sagen wir zwanzig sind, so ist „klick klick fertig“ auch dann die mir liebere Variante, denn sie ist 2 Stunden kürzer als die andere.

(2) weil mir doch auch klar wurde, dass das, was das Antiquariat ausmacht, nicht im händischen oder automatisierten Rechnungenschreiben und Katalogkonvertieren liegt, sondern im Angebot, in der Buchbeschreibung , in der – wo angebracht – kundigen Präsentation und in einer raschen und guten Abwicklung, und nicht zuletzt in der angemessenen Verpackung. Das alles wird ja nicht von der partiellen Automatisierung beeinträchtigt, ganz im Gegenteil.  Je mehr von dem „technischen“ Pflichtprogramm automatisch abgewickelt wird, desto mehr kann ich mich auf das konzentrieren, was eben wichtiger ist.

(3) Es ging auch nicht mehr, dass ich über 34.000 Bücher mit Excel verwalte. Da stösst das Programm allmählich an seine Grenzen. Vielleicht noch nicht sofort, aber allmählich. Und hier stehen über 88.000 Bücher in den Regalen…

(4) Ganz unabhängig davon war ich es auch leid, dass ich für die Lektüre eines 100 Seiten-Buches im Schnitt 4 Monate brauche, wo das früher das Minimaltagespensum war, dass ich nicht mehr zum Bloggen gekommen bin, dass die Korrespondenzen brachliegen, ich überhaupt nicht mehr zu eigenen Forschungen und zum eigenen Schreiben kam und überhaupt.

Langer Rede kurzer Sinn: ich werde nun in kürzerer Zeit mehr Titel eingehend katalogisieren können, ich werde in kürzerer Zeit alle Bestellungen bearbeiten können. Und ich habe Zeit gewonnen. Ganz viel Zeit. Zeit für den Garten, Zeit für den Verlag, Zeit für Korrespondenzen. Und vor allem: Zeit fürs Lesen. Und Zeit fürs Schreiben.

Wir haben fabelhafte Projekte vor im Verlag. Das geht jetzt, ohne dass das Antiquariat darunter litte. Ganz im Gegenteil. Ich spare ja nicht nur Zeit, sondern es fallen ja auch die Gehirnabstumpfer weg, und es bleibt das, was interessant und spannend ist an diesem Beruf. Das Erfassen, Erkunden, Entdecken der eigenen Bestände vom Ankauf bis zum fertigkatalogisierten Angebot. Und dann der Weg vom Schlummerregal zum Kunden. Und der Kopf ist von Excel-Frickeleien nicht so sehr auf Minimalfunktion runtergefahren.

Zum Schluss zweierlei:

(1) Fürs Protokoll, weil es gerade mal wieder diskutiert wird: OrderControl nutze ich _nicht_, das vom geschätzten Kollegen R.F. Meyer aufgeworfene Problem der Datenhoheit ist mir zu sensibel, vor allem mit den frisch kundgetanen (kundgetanenen?) öffentlichen statistischen Auswertungen via Börsenblatt. Warum? Meines Erachtens bin _ich_ für die Daten meiner Kunden verantwortlich; das ist das eine, mindestens ebenso wichtig ist aber die strategische Relevanz der statistischen Auswertung in aller Öffentlichkeit. Ich weiss natürlich, was meine „Top-Plattformen“ sind und ich weiss auch, mit welchen Strategien ich auf welchen Plattformen verkaufe und mit welchem Erfolg oder Misserfolg. Dieses Wissen teile ich auch herzlich gern mit befreundeten Kollegen. Aber eben nicht mit jedem. Es geht andere ganz einfach nichts an. Punkt.

(2) Es war aber auch gut, dass ich die ersten 5 (oder sinds schon 6?) Jahre alles von Hand machte. Das nimmt der künftigen Leichtigkeit in manchem Detail die Selbstverständlichkeit. Rationalisierung muss doch etwas mit dem Bewusstsein zu tun haben. Und nicht einfach so da sein.

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