Sowohl in der Süddeutschen Zeitung als auch in der FAZ wurde heute anlässlich des TV-Programms Guido Knopp zitiert, der die „wahre“ Stauffenberg-Story erzählen wolle im ZettDeEff.
Das bringt mich zu einer ergänzten Wiedervorlage:
Nicht nur, dass die wahren Wahrheiten immer so inflationär sind. Historische Wahrheit ist sowieso so eine Sache.- Das habe ich in diesem Blog im ersten Eintrag schon einmal à propos Guido Knopp geschrieben ( https://wimbauer.wordpress.com/2008/12/04/geschichte-ist-anders/ ), flankiert vom FAZ-Zitat:
“Geschichte ist nicht das, was Guido Knopp dafür hält”
(Claudius Seidl).
Helmut Krausser schreibt in seinen Tagebüchern (aus dem Gedächtnis zitiert, gelegentlich trage ich die genaue Quelle nach):
Guido Knopp ist für die Geschichtswissenschaft das, was Jürgen Fliege für die Fundamentaltheologie ist
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Auch wenn das hier vielleicht so aussieht: ich will kein Guido-Knopp-Bashing betreiben, ich kenne ihn schliesslich nicht persönlich, vielleicht ist er ja ein angenehmer Mensch, mit dem sich trefflich Plauderey betreiben liesse bei einer guten Flasche Wein. [und selbst wenn nicht, so wäre das kein Grund für pauschale Kritik]. Sein Name ist mir nur Chiffre für eine mit ziemlichem Brimborium aufgefahrene Schmalversion von Geschichte, die allenfalls ein schwachbrüstiges Halbwissen generiert. Man mag einwenden, dass es ein Verdienst sei, vielen Ahnungslosen wenigstens ein Halbwissen zu vermitteln, da Halb immer noch mehr als Nix ist. Gegen diesen Einwand weiss ich nichts zu entgegnen. Auch nicht gegen den Einwand, dass das Medium TV zur besten Sendezeit eben keine mehrschichtige Analyse erlaubt. Aber im Fünfteiler „Hitlers Fusspfleger“ muss nicht jeder Einsatz der kleinen Feile à la „Leni Riefenstahl meets High Noon“ aufgemacht werden…
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Update 21. Januar
Im Nachtmagazin wurde Guido Knopp heute anlässlich der Premiere von Thomas Kreuzers Film Walküre befragt. Er nannte den Film „Mission Impossible 4“, wofür er meine schmunzelnde Zustimmung hat. Als Verdienst des Filmes stellte Knopp heraus, dass so viele, für die Deutschland nur Hitler ist, erfahren, dass es mehr gab als nur Nazis. Wenn das so ist: D’accord.
so schlimm war die Sendung nicht. Der Typ aus dem gespielten Szenen sieht zwar nicht so fesch nach S. aus wie Tom Cruise, aber dafür ist es nicht ganz so schlimm, wie manch anderer Kram, den es da im ZDF schon gab. Karlauf darf auch ein paar mal was erzählen und die Totenwache für George ist auch nachgestellt 😉
Guido Knopp ist zwar in der Tat so etwas wie ein Historiker für geistig Arme – aber das wäre angesichts des Vergleichs von Helmut Krausser ja noch ein Kompliment für den „Theologen“ Fliege.
Lassen wir das also mit den geistig Armen und sagen einfach im Sinne Kraussers: wenn Jürgen Fliege eine theologische Kapazität ist, dann sollte Guido Knopp den Beinamen Herodot tragen.
…… da bekanntlich die geistig Armen selig sind, ist das ja in [nennen wir es :] Heilshinsicht geradezu positiv ……..
Deshalb meinte ich ja, daß die Rede von den geistig Armen für den „Theologen“ Fliege ein Kompliment wäre. Das will und kann ich ihm aber nicht machen – deshalb der Verzicht auf diese Redeweise. 😉
Ich wohne nur wenige hundert Meter Waldweg von Guido
Knopp entfernt und stehe dem Kult um Fliege und Knopp ebenso distanziert
gegenüber wie beider Verteufelung.
Begriffe wie Halbbildung und Halbwissen
versuche ich schon ein Leben lang zu ergründen, ohne ihrem Sinn näher zu kommen.
Wer beispielsweise nur über Standardkenntnisse in Sachen Gerhart Hauptmann verfügt, nur den Naturalisten (vielleicht auch nur vom Hörensagen?) kennt, nichts aber vom „Veland“ oder der Atridentetralogie oder seinen sonstigen Beschäftigungen weiss – nun gut,
der weiss eben weniger als andere, und wenn er sich dazu entschliessen
sollte, fundiert über Hauptmann zu arbeiten, dann wird er wohl oder übel
etwas weiter in die Tiefe steigen müssen.
Desgleichen im Falle Ernst Jüngers – wobei hier gewiss die Gefahr besteht, dass
jemand, der nur wenig von Jünger weiss und noch dazu Vorurteile ihm
gegenüber hegt, auch nach detaillierterer Beschäftigung mit seinem Werk
seine Vorurteile noch weiter kultiviert.
Wobei ich vielleicht noch erwähnen sollte, dass ich den Begriffen Bildung und Kultur erst recht ablehnend gegenüberstehe.
Wissen ist hingegen etwas überprüfbares – vielleicht sollte man bezüglich
des Halbwissens betonen, dass es weniger darauf ankommt, dass der eine
weniger als der andere weiss, als vielmehr darauf, dass der weniger wissende
mit seinem wenigen Wissen eventuell in die falsche Richtung zu tendieren vermöchte, was
vermeidbar ist, im Falle des Auftretens jedoch um so bedauerlicher wirkte.