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Posts Tagged ‘Rainer G. Feucht’

[Rezension. Zuerst erschienen in: Aus dem Antiquariat. Zeitschrift für Antiquare und Büchersammler. Neue Folge 8 (2010), Nr. 5 (Oktober 2010), Seite 238-239]

Rainer G. Feucht / BMCF-Antiquariat, Sonnengasse 7, 89597 Munderkingen. Bücher aus der Bibliothek Ernst Jüngers (Teil 1). 24 S., br., 2 Abb.

»Bücher aus der Bibliothek Ernst Jüngers (Teil 1)« ist der  Katalog von Rainer G. Feucht / BMCF-Antiquariat in Munderkingen überschrieben. Wer Jüngers Bibliothek im Besitz des Marbacher DLA weiß, den mag das irritieren. Doch zur Irritation gibt es keinen Grund. Jünger hat häufig Bücher verschenkt, Aussortiertes an Antiquare verkauft oder eingetauscht und nicht zuletzt hatten Multiplikatoren wie sein Bibliograf Hans Peter des Coudres Exemplare aus Jüngers Beständen zur Weitergabe an Sammler, Rezensenten, und »jüngerianisch verdiente« Leser. Die von Feucht angebotenen Bücher stammen von Freunden Jüngers aus Oberschwaben.

Exlibris Ernst Jüngers - fehlende Ü-Pünktchen sind per Hand nachgetragenExlibris Ernst Jüngers - fehlende Ü-Pünktchen sind per Hand nachgetragen

Exlibris Ernst Jüngers - fehlende Ü-Pünktchen sind per Hand nachgetragen

Hundert Nummern umfasst der Katalog. »Zimelien« leiten den Katalog ein, gefolgt von einer Luther-Auswahl mit einer Weihnachts-Widmung Jüngers an seinen Sohn Alexander. In zwei Abteilungen sind Bände mit Jüngers Exlibris angeboten. Feucht hat hier das von Emile Feltesse gestochene »Tempestatibus Maturesco«-Exlibris, von dem es mindestens drei Versionen gibt, in der seltenen Variante ohne die Ü-Pünktchen in »Jünger«, zum Teil von Jünger von Hand ergänzt. Gelegentlich, etwa in Noacks Biographie, wurde behauptet, dass die Lampe eine Darstellung von Aladins Wunderlampe sei. Zu diesem Exlibris schrieb Ernst Jünger in einem unveröffentlichten Brief vom 31. Dezember 1955 an seinen späteren Verleger Ernst Klett: »Unten dann eine antike Lampe als Sinnbild der Studien.« Also: kein Aladin und auch kein Atomzeitalter (wie andernorts schon zu lesen war). Inspiriert wurde Jünger möglicherweise von dem Exlibris Alfred Kubins für Alfred Klemenz, welches eine solche Lampe, von einer Schlange umringt, darstellt. Das nächste im Katalog mehrfach vertretene Exlibris Jüngers ist ein typographisch Gestaltetes (Friedrich Georg Jünger verwendete ein Gleiches).

Viele Nummern nennen Anstreichungen, Adnoten und Notizen von der Hand Jüngers. Bei manchem Titel dürfte das interessant sein, wo es sich nicht um Zufallslektüren handelt, sondern um für Jüngers Geisteskosmos wichtige Autoren wie Franz von Baader (dessen »Cogitor ergo sum« für Jünger die einleuchtendere Fortschreibung des cartesianischen Satzes war). Von Autoren, die landläufig mit Jünger verknüpft werden, findet sich ein Band des kolumbianischen Aphoristikers Nicolá Gómez Dávila mit etlichen Anstreichungen von Jüngers Hand, »La Tradition hermétique« von Julius Evola hingegen ist nur knapp annotiert und ist grösstenteils unaufgeschnitten.

Über Jüngers Lesegewohnheiten erfährt der Leser, dass Jünger ihm Wichtiges hinten im Buch notierte (»Wutz« bei Karl Korn, »Haschisch und Saufen« in einem Buch von Cleaver, der sich unrechtmässig inhaftiert sah, da er seinen Cannabiskonsum mit dem »legalen« Alkoholismus der »Normalbürger« verglich, Jünger ergänzt: »faule Phrase«.)

Mehrfach angezeigt ist Jüngers Angewohnheit, Setzfehler und Wortfehler in Büchern anzustreichen, am Rand zu korrigieren, mit seiner EJ-Paraphe abzuzeichnen und zu datieren, als sei es eine Korrekturfahne eines eigenen Buches. Was zunächst als Anmassung erscheint, fügt sich, bedenkt man Jüngers Notat in den »Strahlungen« (9. August 1942): »So gibt es nicht nur einen Punkt, an dem sich das juristische, sondern auch einen anderen, an dem sich das geistige Anrecht an sie verliert.« Die »Bücher trennen sich vom Autor«, schreibt Jünger da, sie gehören nicht mehr dem Autor. Und die Korrektur ist im jüngerschen Sinne allenfalls ein Handgriff sub specie aeternitatis als Ordnungsvorgang, der mit dem Herstellen einer Ordnung im Kleinen die Schöpfungsordnung im Grossen bestätigt.

Widmung Ernst Jüngers für seinen Sohn

Widmung Ernst Jüngers für seinen Sohn

Die Angebote sind nicht im Internet-Katalog Feuchts zu finden, sie sind im gedruckten Katalog exklusiv.

Tobias Wimbauer

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